Viel Zuspruch für Kardinal Marx: "Ein starkes kirchenpolitisches Signal" (2024)

Katholische Kirche

Von Michael Kasperowitsch, Isabel Lauer 4.6.2021, 18:44 Uhr

Viel Zuspruch für Kardinal Marx: "Ein starkes kirchenpolitisches Signal" (1)

© Lennart Preiss, AFPAm Freitagnachmittag legt Kardinal Reinhard Marx in München bei einer Pressekonferenz noch einmal persönlich seine verheerende Bilanz zu seiner Kirche dar. Das Medieninteresse ist riesig.

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Nürnberg - Die Kirchenwelt ist erschüttert und gleichzeitig ratlos: Das aufsehenerregende Rücktrittsangebot von Kardinal Reinhard Marx erntet Anerkennung, aber auch zwiespältige Reaktionen in unserer Region. Manche sehen die katholische Kirche "am Ende einer Sackgasse".

Da sei eine "Bombe geplatzt", stellt Andreas Lurz fest. Nürnbergs katholischer Stadtdekan ist am Freitagmittag nicht der einzige Kirchenvertreter in der Region, der sich die Augen reibt wegen der Nachricht aus München. Kardinal Reinhard Marx bittet Papst Franziskus, ihn von seinem Amt als Erzbischof zu entbinden – als Ausdruck seiner Mitverantwortung für eine Kirche, die er nach der Vertuschung der Missbrauchsskandale in einer Sackgasse stecken sieht.

Das stimme ihn "verwundert, enttäuscht und ein bisschen desillusioniert", gesteht Lurz. "Es ist ja nicht der Richtige, der um seinen Rücktritt bittet. Marx ist einer der profiliertesten Kirchenvertreter, der sich gerade für die Aufarbeitung der Missbrauchsthematik hervorgetan hat." Für das "Zeichen für die Sache und gegen alle persönlichen Eitelkeiten" zollt Lurz dem Kardinal aber auch Respekt. Die Kirchenmitglieder an der Basis dürften es unterschiedlich aufnehmen, so seine Prognose: "Manche wird das enttäuschen, andere nehmen es als positives Signal für Veränderungswillen, und viele werden ratlos zurückbleiben."

So weit wie Marx, der seine Kirche an einem "toten Punkt" sieht, geht der Fürther Dekan André Hermany nicht. Er hält sie für "wiederbelebungsfähig". Dafür müssten aber endlich geeignete Schritte unternommen werden. Hermany nennt in dieses Zusammenhang Veränderungen der Amtsstrukturen, die Zulassung von Frauen zu Weiheämtern der Kirche, aber auch Fortschritte in der Ökumene.

"Wir hatten in Frankfurt diesen wunderbaren ökumenischen Kirchentag", sagt der Fürther Geistliche, "schaffen es aber immer noch nicht einmal, dass Katholiken und Protestanten gemeinsam am Abendmahl teilnehmen können." Hermany nennt seine Kirche bei manchen notwendigen Diskussionen "bockig" und "sperrig". Als Grund für ausbleibende Lösungen sieht er Machtkämpfe innerhalb der Deutschen Bischofskonferenz. Dort würden Reformer regelmäßig gegen Mauern stoßen.

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Bambergs Erzbischof Ludwig Schick beim diesjährigen Hochfest der Heiligsten Dreifaltigkeit in Gößweinstein.© Thomas Weichert

Eine ähnliche Position bezieht Hermanys Kollege in Lauf, Stefan Alexander, Dekan des katholischen Seelsorgebereichs Pegnitztal. Alexander zollt Kardinal Marx "hohen Respekt" für seine Entscheidung und spricht von einem "kirchenpolitischen Signal" und der Bereitschaft, auch persönliche Verantwortung für Fälle von Missbrauch zu übernehmen.

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Der Laufer Geistliche, der sich bei aller wertvoller Tradition in seiner Kirche auf der Seite der Reformer sieht, macht an der Kirchenbasis Ermüdungserscheinungen aus. Seit Jahrzehnten würden Fragen der Rolle von Laien und Frauen in der Kirche oder der Haltung zur Sexualität behandelt, aber man komme nicht voran: "Bei jedem neuen Diskussionsprozess heißt es da und dort: Das haben wir doch schon alles durchdiskutiert." Das sei für viele "desillusionierend", vielleicht auch für Kardinal Marx, fügte Stefan Alexander hinzu.

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Manche Bischöfe schweigen

Der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick zeigt sich erschüttert von dem Rücktrittsgesuch seines Amtsbruders. Marx sei ein wichtiger Akteur für die Kirche in München, in Bayern und in ganz Deutschland "sowie weltweit". Der Ausdruck "toter Punkt" müsse, so Schick, präzisiert werden. Man könne und solle darüber nachdenken, wo die Kirche in Deutschland als Instrument und Institution der Evangelisierung, der Gottesdienste und der Caritas stehe. Marx meine nach Ansicht Schicks, "dass wir hier an einem toten Punkt stehen, der aber ein Wendepunkt werden soll". Dazu wolle der Kardinal mit seinem Rücktrittsgesuch an den Papst beitragen, meint Ludwig Schick.

Das Bistum Eichstätt wollte sich nicht zu dem Aufsehen erregenden Vorgang um Kardinal Marx äußern. "Aktuell wird es kein Statement von Bischof Gregor Maria Hanke dazu geben", heißt es aus der Pressestelle.

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Kaum erstaunlich, da der Münchner die unangenehme Frage nach Verantwortungsübernahme indirekt allen Kollegen gestellt hat. Auch wenn der Name Rainer Maria Woelki nicht fällt, so greift Marx in seinem Brief doch unmissverständlich den Kölner Erzbischof an, wenn er die Tendenz beklagt, beim Thema sexueller Missbrauch die "systemischen Ursachen und Gefährdungen auszuklammern und die Aufarbeitung auf eine Verbesserung der Verwaltung zu reduzieren". Das findet Siegfried Grillmeyer, Direktor der katholischen Akademie Caritas-Pirckheimer-Haus, besonders mutig an dem Schreiben. "Aber unabhängig von der kircheninternen Diskussion halte ich es wirklich für ein wichtiges Zeichen."

"Stehen am Ende einer Sackgasse"

Der katholische Dekan für Nürnberg-Süd, Rudolf Batzdorf, äußert sich ähnlich. "Ich bin erschrocken, aber ich kann die Entscheidung nachvollziehen. Als Bischof können Sie eine furchtbare Last erben und von Bremsern umgeben sein – irgendwann sind Sie mit Ihrem Latein am Ende." Dieselbe Mischung aus Bedauern und Aufatmen vom früheren Stadtdekan Hubertus Förster: "Ich finde es ganz toll, was er sagt, und dass er mit diesem Schritt der Handelnde bleibt." Aber schade sei es halt doch, wenn Marx‘ gewichtige Stimme künftig im stockenden Reformprozess des "Synodalen Wegs" fehle.

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Das vielbeschworene starke Zeichen – bei der Frage, wohin es führen könnte, klingen die Gesprächspartner ratlos. Peter Laufkötter, einer der beiden ehrenamtlichen Vorsitzenden des Nürnberger Katholikenrats, des Gremiums der Laien, lobt Marx’ Schritt zwar als singulär. "So ein starkes Eingeständnis eines institutionellen Versagens gab es noch nie." Er denkt aber auch an die Folgen. "Wenn jetzt an diesem Ende einer Sackgasse keine radikale Wendung passiert, sehe ich die Gefahr der Kirchenspaltung. Die Sprachlosigkeit, die Unversöhnlichkeit zwischen Reformern und Royalisten – das betrifft derzeit ja nicht nur die Bischöfe, sondern genauso längst die Basis."

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Viel Zuspruch für Kardinal Marx: "Ein starkes kirchenpolitisches Signal" (2024)

FAQs

Wie viel verdient man als Kardinal? ›

Bei ungefähr 8.000 € (!!!) Grundgehalt beginnt das; Erz- und evangelische Landesbischöfe oder Kardinäle bekommen bis zu 12.000 € monatlich. Und das, obwohl sie nahezu mietfrei wohnen und über Dienstkarosse mit Chauffeur verfügen und noch weitere Zulagen erhalten.

Ist Marx noch Kardinal? ›

Reinhard Kardinal Marx (* 21. September 1953 in Geseke, Westfalen) ist Kardinal der römisch-katholischen Kirche und seit Februar 2008 Erzbischof von München und Freising sowie Metropolit der zugehörigen Kirchenprovinz.

Wer bezahlt Kardinal Marx? ›

Bischöfe in Deutschland erhalten seit der Säkularisation vor über 200 Jahren vom jeweiligen Landesherrn (heute Bundesland) monatliche "Staatsleistungen", wie Kardinal Marx 13 654 Euro monatlich. Nicht aus der Kirchensteuer als Mitgliedsbeitrag der Katholiken, sondern aus Steuergeldern.

Hat Kardinal Marx uneheliche Kinder? ›

Am 23. Juni 1851 brachte Helena Demuth einen unehelichen Sohn von Karl Marx zur Welt, der den Namen Henry Frederick Demuth erhielt und „Freddy“ genannt wurde. Offiziell gab seine Mutter den Namen des Vaters nicht preis, und dieser wird auch in der Geburtsurkunde nicht genannt.

Wie viel Geld verdient der Papst pro Monat? ›

Nun, der Papst bekommt kein Gehalt. Er bekommt alle Dinge, die er für sein Leben und seine Amtsgeschäfte braucht, gestellt. Im täglichen Leben unterstützen ihn zwei Sekretäre und drei Ordensschwestern. Über seinen Besitz kann der Papst frei verfügen.

Was verdient Kardinal Woelki im Monat? ›

Fast 13.800 Euro im Monat Kardinal Woelki bekommt während Auszeit volles Gehalt. Wegen seines Umgangs mit Missbrauchsvorwürfen nimmt der Kölner Kardinal Woelki eine geistliche Auszeit. Sein Gehalt bekommt er trotzdem weiter.

Wer ist der älteste Kardinal der Welt? ›

Jozef Kardinal Tomko (* 11. März 1924 in Udavské; † 8. August 2022 in Rom) war ein slowakischer Geistlicher und Kurienkardinal der römisch-katholischen Kirche. Seit dem Tod von Albert Vanhoye am 29. Juli 2021 war er der älteste lebende Kardinal.

Wer finanzierte Marx? ›

Die Bücher II und III in drei Bänden werden nach seinem Tod von Engels herausgegeben. Engels übernimmt die gesamte Finanzierung des Marxschen Haushalts und kommt für alle Schulden auf. Marx ist es dadurch möglich, sich ganz seiner wissenschaftlichen Arbeit zu widmen.

Wie steht Marx zur Religion? ›

"Die Religion ist der Seufzer der bedrängten Kreatur, das Gemüt einer herzlosen Welt, wie sie der Geist geistloser Zustände ist. Sie ist das Opium des Volkes", lautet eines der bekanntesten Zitate von Karl Marx.

Wer bezahlt den Papst? ›

Für die Arbeit bekommt der Papst kein Gehalt. Finanzielle Sorgen hat er aber nicht. Der Vatikan bezahlt dem Papst alles, was er für sein berufliches und persönliches Leben benötigt.

Wie viel verdient ein katholischer Bischof in Deutschland? ›

In Bayern beispielsweise verdienen die Bischöfe gemäß der Website katholisch.de zwischen 10.000 Euro und 13.000 Euro brutto im Monat. In Rheinland-Pfalz sind dagegen Bruttogehälter von bis zu 11.200 Euro möglich, in den neuen Bundesländern liegt die Obergrenze meist bei rund 9500 Euro brutto monatlich.

Was verdient ein Bischof im Vatikan? ›

Es gibt Erzbischöfe welche etwa 13.600 Euro oder mehr im Monat verdienen. Jedoch darf ein Papst nach seinem Amtsantritt kein Vermögen mehr anhäufen.

Wer ist der bisher jüngste Kardinal? ›

Die Besitzergreifung seiner Titelkirche fand am 21. Mai 2023 statt. Am 7. Oktober 2022 berief ihn Papst Franziskus zum Mitglied des Dikasteriums für die Evangelisierung. Marengo ist nicht nur weltweit der jüngste, sondern auch der erste in den 1970er Jahren geborene Kardinal.

Wie heißt Kardinal Marx mit Vornamen? ›

Von 1996 bis 2002 wirkte er als Weihbischof in Paderborn. Der Bischof der Erzdiözese München und Freising, Erzbischof Reinhard Kardinal Marx, wurde am 21. September 1953 in Geseke geboren: Er vollendet somit am Donnerstag, 21. September 2023, sein 70.

Hatte Karl Marx 4 Töchter? ›

Vier von Marx' Kindern starben noch im Kindesalter; Jenny Caroline starb 1883 im Alter von 38 Jahren, gerade zwei Monate vor ihrem Vater. Die beiden ihn überlebenden Töchter beendeten ihr Leben durch Suizid. Die drei Töchter Jenny, Laura und Eleanor Marx waren wie ihre Eltern in der sozialistischen Bewegung tätig.

Was ist höher als ein Kardinal? ›

Hierarchie - Welche geweihten Amtsträger gibt es in der katholischen Kirche und wie sind sie geordnet? Das Sakrament der Weihe wird in drei Stufen erteilt: Bischofsweihe (für Papst, Kardinäle, (Erz-)Bischöfe, Weihbischöfe) Priesterweihe (für Generalvikare, (Regional-)Dekane, Pfarrer, Kapläne, Vikare, Benefiziaten)

Wie reich ist der Papst? ›

Und das ist ja auch in der Regel so, dass der Papst im Papstamt eigentlich kein richtiges Vermögen hat." Das ist bei Papst Benedikt anders. Er hat vor, während und nach seinem Pontifikat zahlreiche Bücher geschrieben, unter anderem den Welt-Bestseller über Jesus, Bücher, die beachtliche Tantiemen abwerfen.

Wie viel verdient ein Priester im Vatikan? ›

Durchschnittlich verdienen Pfarrer circa 3.700 Euro im Monat, in manchen Bistümern kann diese Summe allerdings auch deutlich höher oder niedriger sein.

Wie viel verdient Kardinal Schönborn? ›

2. Platz: Kardinal Christoph Schönborn, Wien, 152 Millionen Euro.

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